5. Spieltag der Bezirksliga
Gipfeltreffen am 11. März 2023 in der MVS-Bezirksliga: Der Tabellenerste, die Schachfreunde Neuberg IV, gastieren beim Tabellenzweiten, dem Königsspringer Großauheim, und bauen mit einem deutlichen 4,5:1,5-Sieg ihre Tabellenführung aus.
Den Anfang im Neuberger Reigen machte an Brett 1 Christopher Overbeck, der sich gegen seinen ehemaligen HSV-Vorstandskollegen Kai Höllwarth in einem Skandinavier gegenübersah. Entwicklungsvorsprung veranlasste ihn nach 14. Sxd5 cxd5 (anstatt des soliden 15. Lb5 mit der Idee 16. Se5) zum Figurenopfer 15. Lxd5, das sich im Nachgang als zweischneidig herausstellen sollte, sofern der Nachziehende dieses mit 15…exd5 16. Lb4 Le4! mit der möglichen Folge 17. Lxe7 Dxe7 18. Sg1 0-0 19. f3 Tfe8 19. fxe4 dxe4 und einer minimal besseren Stellung das Opfer annimmt. Stattdessen lehnte der Nachziehend mit 16.Lb3 Sb6 17.Se5 Lh7 ab, wonach das zweite – nunmehr korrekte – Opfer 18.Sxf7 nach drei weiteren Zügen die Entscheidung brachte.
Kurze Zeit später wurde am Nachbrett zwischen Robert Balzer und Dr. Kai-Ulrich Boldt in einem ruhigen Abspiel der slawischen Abtauschvariante die Friedenspfeife geraucht.
Durch geschickte Zugumstellung an Brett 5 sollte es Ole Pomrehn gelingen, seinen Kontrahenten in ein Abspiel des Schottischen Gambits bzw. Göring-Gambits zu locken, in dem er trotz Damentausch stets die Initiative behaupten konnte, welche ihm den vollen Punkt sicherte. Leider einen schlechten Tag erwischte Julian Emmerich, der es mit dem in der Saison erfolgreichsten Auheimer Prof. Gino Rogala zu tun hatte. Nach einem Figureneinsteller kämpfte er tapfer bis zum Ende, konnte die einzige Niederlage aus Neuberger Sicht jedoch nicht mehr abwenden. Den Mannschaftssieg sollte derweil „Mr. 100 Prozent“ Stefan Fresser sicherstellen, indem er als Nachziehender nach einem frühen Turmausflug von a8 nach a6 und anschließendem Qualitätsopfer ein ungewöhnliches Materialverhältnis herbeiführte, das ihm in Verbund mit dem sich Läuferpaar und zweier vereinzelter Freibauern perfekte Siegchancen bescherte.
Im „Treffen der Generationen“, bei dem die Gastgeber an jedem Brett einen jeweils deutlich erfahreneren Gegner aufboten, sollte Ludwig Lind Protagonist der facettenreichsten und vor allem spannendsten Partie des Abends sein. War die Eröffnung sowie das frühe Mittelspiel noch von vorsichtigem Abtasten geprägt, sollte daran auch der schwarze Mehrbauer in Form eines Trippelbauern auf der d-Linie nichts ändern. Die Stellung befand sich zu diesem Zeitpunkt im Gleichgewicht, weswegen es nicht verwundert, dass angesichts des bereits entschiedenen Mannschaftskampfs ein Remisangebot von Reinhard Wolf folgte. Ludwigs Ehrgeiz war allerdings geweckt: Er lehnte ab und begann sodann mutig auf Gewinn zu spielen, indem er seinen h-Bauern bis nach h6 vorschob und Figuren abtauschte – wohlgemerkt: immer noch bei einem Bauern im Minus!
Das Spiel begann Fahrt aufzunehmen, die Vorzeichen änderten sich. Nun war es der Nachziehende, der das schlummernde dynamische Potenzial erkannte und seine bislang statischen Tripelbauern unter Opfer in Bewegung setzte. In dem gleichfarbigen Läuferendspiel, das sich auch in einem Lehrwerk entnommen sein könnte, sollte sich Ludwig nach einem Fehlgriff plötzlich in Verluststellung wiederfinden, was aber nicht vom Gegner bestraft wurde und sich abermals ein Gleichgewicht einstellte. Am Ende sollte sich einmal mehr die alte Schach-Weisheit bewahrheiten, wonach es der letzten Fehler ist, der die Partie entscheidet. In diesem Fall unterbrach das Vorziehen eines schwarzen Bauern eine überlebenswichtige Läuferdiagonale, wonach der schwarze h-Bauer auf h7 schutzlos war und sein Pendant auf h6 das Rennen machte.
Nach fünf von neun Spieltagen baut Neuberg IV seine Tabellenführung mit 10 Punkten und 3 Zählern Abstand zum neuen Zweitplatzierten Obertshausen aus und hat glänzende Aufstiegschancen.