Starker Endspurt in der Oberliga

Runde 9: Neuberg – Heusenstamm

Nach dem Unentschieden mit Beigeschmack gegen Wolfhagen war es nur fair, wenn wir den Gästen aus Heusenstamm ebenfalls mindestens einen Punkt abnehmen würden, denn in der letzten Runde stand in Neuberg noch das Spitzenduell um den Aufstieg an.

Allerdings waren die Gäste ziemlich stark angetreten, schließlich musste am Sonntag auch die bestmögliche Mannschaft ran. Wir waren damit die erste Mannschaft in dieser Saison, die es mit Heusenstamm in Bestbesetzung zu tun bekam.

Christopher und Christian schafften solide Remis gegen stärkere Gegner, aber an den Brettern 3 und 4 machte sich das große Übergewicht der Heusenstammer bemerkbar. Gegen die zwei GMs kamen Klaus-Jürgen und Alexis nicht gut aus der Eröffnung und lieferten danach zwar noch einen tapferen Kampf, der letztendlich aber unbelohnt blieb.

Besonders hervorzuheben ist dabei trotzdem Christian Leistung, der seinen GM-Gegner, der nur für die letzten beiden Runden ins Heusenstammer Team rutschte, in einem Abtausch-Damengambit mutig unter Druck setzte und aus einer Position der Stärke ins Remis einwilligen konnte.

Stellung nach 21…De5. Hier sieht der Computer nach dem Manöver 22.Lc1! nebst Lb2 Vorteil für Weiß. Es folgte 22.Ta1 nebst baldigem Remisschluss.

Emil spielte, in Unkenntnis der hohen Spielstärke seines Gegners, eine solide Schwarzpartie, an der der Computer für beide Seiten nicht wirklich etwas auszusetzen hat.

Stellung nach 21.Lf4

In der Diagrammstellung bediente er sich der taktischen Pointe 21…Tc8!?, um nach 22.Dd1 Txc1 23.Dxc1 La4 aufgrund der aktiven schwarzen Dame und des geschwächten weißen Königs in eine ausgeglichene Stellung abwickeln zu können, in der das Remis kurz vor der Zeitkontrolle durch Zugwiederholung besiegelt wurde.

Beim Stand von 1,5:3,5 gegen uns blieben also noch drei Bretter übrig, die sich relativ unterschiedlich gestalteten:

Jens hatte seinen Gegner in der Eröffnung unter Druck gesetzt, aber zu viel Zeit verbraten, wodurch er nach einem kreativen Qualitätsopfer den Faden verlor und in eine vermeintlich hoffnungslose Verluststellung geriet. Nach einigen Zügen entstand die Diagrammstellung:

Stellung nach 41.Df7

Kurz nach der Zeitkontrolle patzte sein Gegner hier mit 41…The8?? (viele Züge gewännen stattdessen, z. B. 41…De8), worauf Jens mit neuer Bedenkzeit das starke 41.Lxf5! fand, das nach 41…gxf5 zu einem schönen geometrischen Dauerschachmotiv führt, weil der schwarze König durch die eigenen Figuren auf h5 bzw. e8 gefangen ist. In der Partie folgte noch 41…d5 42.Ld7! Dc4 43.Lxe8 Dxh4+ nebst Dauerschach.

Nun kam neue Hoffnung auf, denn Adam, der seit Runde 6 der Oberliga nur noch auf die Verleihung seines FM-Titels wartet, hatte seinen Gegner überspielt und ein gewonnenes Endspiel erreicht, das er in der wohl schönsten Partie der Doppelrunde zum Abschluss brachte:

Stellung nach 51…Kf8

Hier gab Adam technisch sauber mit 52.a6! einen Bauern auf, um anschließend durch Zugzwang nach d7, Kf5-e6 beide schwarzen a-Bauern einzusammeln. Auch wenn am Schluss bereits viele Wege nach Rom führten, fand er ein sehenswertes Finish, das die Mienen der Kiebitze erhellte:

Stellung nach 61…La5. Mit dem schönen 62.Lg6! erzwang Adam hier die Aufgabe seines Gegners.

Es verblieb noch Richards Partie gegen einen weiteren GM. Richard hatte die Eröffnung sehr aggressiv behandelt und war seinen Gegner mit einem Bauernaufmarsch am Königsflügel bei beidseitiger kurzer Rochade angegangen. Nach einigen Verwicklungen entstand in der Zeitnotphase die folgende Stellung:

Stellung nach 38.Sc4

Hier ließ Richard das Opfer 38…Txc4!? folgen, das auf den ersten Blick gewinnbringend für Schwarz wirkt, da dieser nach 39.Kxc4 b3 40.Txa3 b2 41.Ta7+ Kd8 42.Tb7 b1D 43.Txb1 Lxb1 mit einer Mehrfigur verbleibt. Der Computer merkt aber an, dass das nicht ganz offensichtliche Zwischenschach 40.d6+! Weiß gerettet hätte.

Aber auch das entstandene Läuferendspiel (wenn man es so nennen darf) war kein Selbstläufer, und die Kiebitze waren schwer damit beschäftigt, auszurechnen, ob Schwarz denn nun auf Gewinn stehe oder nicht: Er stand es nicht immer, setzte seinen Gegner aber unter starken Druck und fuhr letztendlich einen wichtigen Kampfsieg ein, der unserer Mannschaft das 4:4-Unentschieden gegen die vermeintliche Übermacht aus Heusenstamm sichern sollte!

Runde 10: Hofheim II – Neuberg

Durch das starke Ergebnis am Vortag war der Klassenerhalt für uns schon gesichert, weil Hofheim II und nicht mehr überholen konnte, aber unsere Motivation war natürlich immer noch vorhanden. Schließlich hatten wir uns ursprünglich darauf eingestellt, am Sonntag eventuell gegen den Abstieg spielen zu müssen.

Dieses Mal war Emil am schnellsten fertig. Sein Gegner wiederholte (mit Weiß) seine Eröffnung vom Vortag, die sehr schnell in ein ausgeglichenes Endspiel verflachte. Eine Mathe-Klausur am nächsten Tag führte dazu, dass der Bericht in der Folge keineswegs chronologisch sortiert sein kann.

Richard reagierte auf die unorthodoxe Eröffnung seines Gegners solide und startete in der folgenden Stellung mit 14.Sxc6! Verwicklungen, die ihn begünstigen sollten.

Stellung nach 13…Sbd7

Schlussendlich brachte Richard den wichtigen Sieg an Brett 1 nach Hause.

Auch bei Klaus-Jürgen an Brett 2 lief es besser. Sein Stonewall-Aufbau bescherte ihm zwar stellenweise eine schlechte Stellung, die aber nicht ohne Gegenchancen war.

Stellung nach 25.Kf2

Und dann ging es auf einmal ganz schnell: Mit 25…h4! riss Klaus-Jürgen den gegnerischen Königsflügel auf und gewann die Partie schon zwei Züge später.

Alexis‘ Partie blieb relativ lange im ausgeglichenen Bereich, aber sein spielstarker Gegner behielt immer etwas Druck, bis ein Bauer verloren ging und Alexis die Waffen strecken musste.

Christopher kreierte Chancen am Königsflügel, die seine anfänglich gedrückte Stellung immer weiter verbesserten.

Stellung nach 47.Tb6

In der Diagrammstellung hat Weiß schon zu viele Löcher am Königsflügel. Christopher entschied sich zunächst, seine Stellung mit dem schönen Manöver Kf7-e7-d6 weiter zu verbessern, ehe er zum entscheidenden Schlag ansetzte.

Adams Partie begann zunächst ganz typisch: Er zündete das Brett an, opferte hier und da mal einen Bauern oder eine Figur und erhielt in der Folge eine Gewinnstellung. Leider leistete sich unser Punktegarant in der Diagrammstellung einen ungewohnten taktischen Aussetzer:

Stellung nach 40…Tf1

Der weiße Gewinn ist noch nicht zu 100 Prozent offensichtlich, doch etwas wie 41.Tc7+ Kd8 42.Ld6 bietet gute Chancen, da der Bauer h3 wegen des eingesperrten Läufers auf b1 tabu ist. Es folgte jedoch 41.Lc7?? Tf2+ 42.Kc1 Txc2+! 42.Txc2 Lxc2 42.Kxc2 Kxc7 nebst Remis.

Jens geriet leider in einen heftigen Beschuss durch den gegnerischen Sweschnikow. Seine Gegnerin spielte ihren Angriff sehr energisch und fing letztendlich die Dame.

Niklas erschien dafür gut vorbereitet und gelangte nach einigen Wirren in die Diagrammstellung:

Stellung nach 23…Txf8

Hier steht Schwarz bereits auf Gewinn, weil der Le3 nicht haltbar ist. In der Folge überspielten die zwei Leichtfiguren den Turm, was uns einen weiteren Sieg bescherte.

Der Endstand war also ein tendenziell ungefährdeter 5:3-Sieg, der uns in der Tabelle gar vor die Oberurseler katapultieren sollte!

Insgesamt landen die Schachfreunde Neuberg also auf dem 4. Platz der Oberliga Süd-West A. Das ist ein sehr erfreuliches Ergebnis, vor allem, wenn man den Fehlstart in der ersten Doppelrunde betrachtet. Nächstes Jahr werden wir dann in einer Oberliga mit Rheinland-Pfalz zusammen spielen und alles geben, die Klasse erneut zu halten. Hier finden sich noch die Endtabelle sowie die Einzelergebnisse der Neuberger Spieler:

Nachtrag: Tatsächlich gelang es Wolfhagen II trotz deutlichen Elo-Übergewichtes nicht, die Relegation gegen Heidesheim zu gewinnen, sodass unsere Liga dieses Jahr vier direkte Absteiger haben wird. Hofheim II wird zusätzlich in die Relegation gehen müssen.

Einzelergebnisse